Seit ich Kinder habe, achte ich mehr auf mich und nehme Dinge anders wahr. Früher war ich härter im Nehmen. Heute bin ich viel verletzlicher.
Als ich mit meinem zweiten Kind schwanger war, war ich zum Elternsprechtag meiner älteren Tocher in der Grundschule. Die Klassenlehrerin hat mir bei der Begrüßung direkt gesagt: „Übrigens, ich trage schwarz. Mein Mann ist vor kurzem gestorben.“
Normalerweise frage ich in solchen Situationen mitfühlend nach. Aber in dieser Situation empfand ich diese Ansage der Lehrerin als eine totale Grenzüberschreitung. Meine eigene Mutter war erst vor einigen Monaten verstorben und ich war selbst noch mitten im Kämpfen und Verarbeiten. Ich habe ganz klar gespürt, dass ich mit einem mir bis dahin völlig fremden Menschen keine tiefgehenden Trauergespräche führen möchte. Ich wollte mich schützen – vor zu viel Schicksal, vor zu viel Trauer und vor fremder Lebens- und Leidensgeschichte. Ich habe also nur gesagt, dass mir das Leid tut – und nicht weiter nachgefragt. Ich habe gespürt, dass sie mehr erzählen wollte, aber ich konnte und wollte nicht. Ich wollte einfach nur wissen, wie mein Kind in der Schule steht.
*Name geändert