Archiv für den Monat: Juni 2015

ALS ARCHI­TEKT BIN ICH REGIO­NAL VERORTET

Markus Stenger, 43 Jahre, Architekt, verheiratet, 2 Kinder

Vie­le mei­ner Stu­di­en­kol­le­gen arbei­ten nach ihrem Diplom in vie­len ver­schie­de­nen renom­mier­ten Archi­tek­tur­bü­ros – rund um die Welt. Sie sind inter­na­tio­nal erfolg­reich – aber an kei­nem Ort mehr zu Hau­se.
Ich bin regio­nal erfolgreich.

Für mich ist Archi­tek­tur etwas Regio­na­les. Als Archi­tekt brau­che ich die Hand­wer­ker-Gil­de, der ich ver­trau­en kann. Ich muss mich dar­auf ver­las­sen kön­nen, dass alle gute Arbeit leis­ten. Das kann ich nur, weil ich jah­re­lan­ge Erfah­run­gen mit Betrie­ben hier vor Ort habe. Ich möch­te kein Risi­ko ein­ge­hen – für mei­ne Bau­her­ren geht es schließ­lich um viel Geld. Ein Archi­tekt ist genau­so ver­or­tet wie das Haus, das er baut. Glo­ba­lis­mus prallt an unse­rem Büro ab – wir wol­len regio­na­le Archi­tek­ten sein und errei­chen das auch als Team. Inzwi­schen haben sich typi­sche Stil­merk­ma­le unse­res Büros aus­ge­prägt, an denen unse­re Arbei­ten erkenn­bar sind. Das ist zum Bei­spiel die Ver­wen­dung von Mate­ria­li­en wie Eiche, Edel­stahl und geöl­tem Beton – viel­leicht sind unse­re Ent­wür­fe dadurch geerdet.

Für mich ist das Regio­na­le wich­tig – und dabei gleich­zei­tig die Erwei­te­rung mei­nes Hori­zon­tes. Ich rei­se ger­ne und schaue mir viel alte und neue Archi­tek­tur an.
2012 haben wir neben unse­rem Büro das SLAB gegrün­det. Es ist ein Denk­raum für Archi­tek­tur, der es uns als Team und jedem ein­zel­nen Mit­ar­bei­ter ermög­licht, neue Wege aus­zu­pro­bie­ren und sich wei­ter­zu­ent­wi­ckeln:
www.s2lab.de

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WIE HABEN SIE DAS NUR GESCHAFFT?”

Gabriele Havelmann*, 75 Jahre, Industriekauffrau, 2 Kinder, 4 Enkelkinder

Ich habe Indus­trie­kauf­frau gelernt, nach mei­ner Aus­bil­dung eini­ge Jah­re in einer Steu­er­kanz­lei gear­bei­tet und dann 1960 nach der Hoch­zeit mit mei­nem Mann mit ihm in der Bäcke­rei sei­ner Fami­lie gear­bei­tet.
Unser Geschäft und die Woh­nung waren im glei­chen Haus. Im Laden hat­ten wir zwei Ange­stell­te: eine Ver­käu­fe­rin und eine Mäd­chen für Alles, das mit­tags auch für die gan­ze Beleg­schaft in der Back­stu­be gekocht hat.
Die Kin­der wur­den 1962 und 1963 gebo­ren und waren als „Mit­läu­fer“ die gan­ze Zeit dabei, zunächst im Gang in einem Lauf­stall und spä­ter haben sie im Hin­ter­zim­mer gespielt.
Wir hat­ten ein paar sehr net­te Kun­den, die gese­hen haben, dass es nicht immer ein­fach ist Geschäft und Kin­der zu ver­ein­ba­ren und ihre Hil­fe ange­bo­ten haben. Zum Bei­spiel unse­re Kin­der auf dem Weg zu Kin­der­gar­ten und Schu­le mit­zu­neh­men oder sie mit nach Hau­se zu brin­gen.
Spä­ter hat mein Mann den Kin­dern nach­mit­tags bei den Haus­auf­ga­ben gehol­fen, auch wenn er eigent­lich hät­te schla­fen sollen.

Dann bekam mein Mann eine Getrei­de-Eiweiß-All­er­gie und wir muss­ten die Bäcke­rei 1972 schlie­ßen. Er mach­te Reha und eine Umschu­lung zum Indus­trie­kauf­mann, ich fand eine neue Arbeit in der Kal­ku­la­ti­on eines Juwe­lier­ge­schäf­tes. Dort bin ich 20 Jah­re bis zu mei­ner Ren­te geblie­ben.
Unse­re Kin­der waren zu dem Zeit­punkt schon bei­de auf wei­ter­füh­ren­den Schu­len. Ich habe abends vor­ge­kocht und wenn die Kin­der zwi­schen 13 und 14 Uhr aus der Schu­le kamen, haben sie sich das Essen auf­ge­wärmt. Sie haben ihre Haus­auf­ga­ben gemacht, waren nach­mit­tags beim Sport und in der Kir­chen­ge­mein­de aktiv. Mein Mann und ich kamen erst abends nach Hau­se und haben uns dann um das geküm­mert, was bei ihnen noch anstand.
Wir haben mit unse­ren Kin­dern alle freie Zeit ver­bracht, die wir hat­ten. Bestimmt haben wir unse­ren Kin­dern viel abver­langt. Dafür sind sie sehr selbst­stän­dig gewor­den und haben jetzt jeder eine eige­ne intak­te Familie.

Mei­nem Chef bin ich heu­te noch dank­bar. Er wuss­te ja, dass ich Kin­der habe und hat mir ange­bo­ten nach mei­nen zeit­li­chen Mög­lich­kei­ten zu arbei­ten. Wenn mit den Kin­dern irgend­et­was war, konn­te ich spä­ter kom­men, frü­her gehen oder mir die Arbeit mit nach Hau­se neh­men.
Als er und sei­ne Frau, die auch im Geschäft gear­bei­tet hat, dann sel­ber ein Kind beka­men, hat er mich gefragt: „Frau Havel­mann, wie haben Sie das nur geschafft?“

*Name geän­dert

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