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IN MEI­NEM LEBEN IST NOCH PLATZ

Melanie Beckmann*, 28 Jahre, Versicherungskauffrau

Vor eini­ger Zeit habe ich auf einem Semi­nar eine inter­es­san­te Erfah­rung gemacht.
Wir beka­men die Auf­ga­be unse­re Lebens­be­rei­che und Rol­len auf einer Art Lebens­büh­ne zu zeich­nen. Im Ver­gleich zu den Bil­dern der ande­ren Teil­neh­mer war mei­nes in einem Punkt deut­lich anders:
In mei­nem Bild war noch Platz und Raum.
Die Bil­der der ande­ren Teil­neh­mer waren durch die Bank sehr voll mit den unter­schied­li­chen Rol­len und Auf­ga­ben ihres Lebens. Am Anfang dach­ten alle, das liegt dar­an, dass ich noch unter 30 bin, aber bei nähe­rem Hin­se­hen haben wir dann bemerkt, dass das nicht stimmt.
Es ist bei mir ein­fach so. In mei­nem Leben ist noch Platz – Platz für neue Men­schen, Platz für Auf­ga­ben, Platz für Rei­sen, für Freun­de die viel­leicht ein­mal mei­ne Hil­fe brau­chen wer­den und Platz für mich. Ich mache mir das nicht so voll.
Natür­lich könn­te ich mehr machen und akti­ver sein, aber dann wür­de ich mir selbst genau die­sen Raum neh­men. Raum und Zeit für Neu­es, Uner­war­te­tes und viel­leicht auch Ver­rück­tes und Spon­ta­nes. Und wenn mal etwas mit mei­nen Eltern sein soll­te, brin­ge ich das auch unter in mei­nem Leben.
Es ist ja noch Platz.
Als ich mein Bild gese­hen habe, war ich am Anfang etwas unsi­cher, ob das reicht. Heu­te bin ich froh, dass es so ist, wie es ist.
Und ich habe gemerkt, dass ein paar der ande­ren Teil­neh­mer mich beneiden.

*Name geän­dert

 

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IHR SEID WILLKOMMEN!

Dr. med. Susanne Hofbauer*, 49 Jahre, verheiratet, zwei Kinder, Anästhesistin, Intensiv- und Palliativmedizinerin

Auf der Inten­siv­sta­ti­on sehe ich sehr oft Ange­hö­ri­ge, die sich in Aus­nah­me­si­tua­tio­nen befin­den und schlech­te und schwe­re Nach­rich­ten hören müs­sen.
Die Räum­lich­kei­ten, in denen wir mit den Men­schen spre­chen, sind sehr nüch­tern und sach­lich. Trotz­dem ver­su­che ich bei jedem Gespräch zu signa­li­sie­ren: “Ihr seid Will­kom­men mit allen Fra­gen, Sor­gen und eige­nen Ängs­ten!”
Ich spre­che an, dass das jetzt eine schwe­re Situa­ti­on ist, bie­te Kaf­fee oder Geträn­ke an – ein­fach nur, um neben der medi­zi­ni­schen Basis eine mensch­li­che Basis zu schaf­fen. Die wenigs­ten wol­len das in so einer Situa­ti­on – aber es tut ihnen gut.
Ich ver­su­che den Men­schen Raum zu geben und sie wirk­lich da abzu­ho­len, wo sie gera­de ste­hen. Und ich spre­che an, dass Wei­nen, Schrei­en und Schimp­fen in so einer Situa­ti­on nor­ma­le und ver­ständ­li­che Reak­tio­nen sind. Hin und wie­der neh­me ich auch mal jeman­den in den Arm, auch wenn ich weiß, dass nicht alle mei­ner Kol­le­gen das ver­ste­hen und gut fin­den.
Eine frü­he­re Ober­ärz­tin von mir ist mir ein Vor­bild: Sie hat­te ein gro­ßes, kom­mu­ni­ka­ti­ves Talent, viel Erfah­rung und sie war ein wirk­lich warm­her­zi­ger und Mensch – gera­de in schwie­ri­gen und schwe­ren Gesprächen.

 *Name geän­dert

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