Wir bewegen uns bei der Arbeit mit den Auszubildenden in einem Spannungsfeld.
Einerseits unterstützen und fördern wir sie, andererseits müssen wir – auch im Interesse der Führungskräfte — Leistung einfordern, Feedback geben und auch manchmal klar Position beziehen und sagen, wenn etwas nicht in Ordnung ist.
Unsere Jugendlichen sind sich ihrer Grenzen hinsichtlich ihres fachlichen Knowhows und ihrer persönlichen Belastbarkeit nicht immer bewusst. Viele denken auch gar nicht darüber nach, so dass wir als ihre Betreuer verstärkt darauf eingehen und dieses Thema mit ihnen besprechen.
Es gibt immer diejenigen, die jede Menge Potenzial haben, sich aber unterschätzen. Andere hingegen arbeiten oft bis über die Grenzen ihrer Belastbarkeit hinaus, sagen für ein weiteres Projekt zu oder arbeiten noch eine Schicht. Sie überschätzen sich.
Beide benötigen unsere Unterstützung.
In solchen Fällen sprechen wir mit unseren Jugendlichen über ihre Grenzen. Wir fragen sie nach ihrer Einschätzung und teilen mit ihnen unsere Eindrücke und auch die Rückmeldungen, die wir von ihren Ausbildern in den Abteilungen erhalten haben. Grenzen sind dabei verhandelbar, denn wir haben ja selber auch nicht immer unbedingt die richtige Sicht.
Unser Ziel ist es, dass unsere Auszubildenden ihre Ausbildung erfolgreich abschließen und vielseitig einsetzbare Mitarbeiter für den BR werden. Dazu ist es wichtig, dass sie besonders in ihrem ersten Ausbildungsjahr viele Chancen bekommen, um nicht direkt in eine „Schublade gesteckt“ zu werden, aus der sie dann nicht mehr herauskommen. Sie sollen sich immer wieder neu zeigen und beweisen dürfen. Veränderung ist permanent.
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SELBSTVERANTWORTUNG ALS AUSBILDUNGSZIEL
Annette Engehausen, Bayerischer Rundfunk, Leiterin Referat Ausbildung
Die große Mehrzahl unserer Auszubildenden durchläuft ihre Ausbildung erfolgreich und mit viel Freude. Aber natürlich gibt es auch schwierige Situationen. Alle psychischen Auffälligkeiten, die die Gesellschaft zeigt, sind auch schon unter unseren Auszubildenden aufgetaucht: Suchtverhalten, Essstörungen, Depressionen, bis hin zum Suizidversuch…
Die Betreuung dieser Auszubildenden ist für unsere Ausbilder oft eine Gratwanderung. Für was sind sie verantwortlich und wo sollten sie sich – auch im eigenen Interesse – abgrenzen. Wir wollen die Jugendlichen in ihrer fachlichen und persönlichen Entwicklung begleiten und stärken, andererseits haben wir in einer Ausbildungssituation keinen therapeutischen Auftrag.
Ein Ausbilder der sich persönlich verantwortlich für eine suizidgefährdete Auszubildende fühlt und versucht rund um die Uhr für seinen Schützling erreichbar zu sein, setzt sich enorm unter Druck und gefährdet sich selbst. Hier ist es wichtig Grenzen zu setzen. Deshalb haben wir im Team mit Unterstützung von Psychologen einen professionellen Umgang für psychische Auffälligkeiten bei unseren Auszubildenden entwickelt:
In Einzelgesprächen sprechen wir die Auszubildenden direkt an, wenn uns ein bestimmtes Verhalten auffällig erscheint und verweisen sie gegebenenfalls an die Betriebliche Sozialberatung, die Betriebsärztin oder eine Psychologische Beratungsstelle weiter. Unsere Wahrnehmung ist vielleicht nicht immer richtig. Aber es geht uns darum, die Selbstverantwortung der Auszubildenden zu stärken. Sie sind selber für ihr Leben verantwortlich und müssen lernen es in die Hand zu nehmen.