Schlagwort-Archive: persönliche Entwicklung

ICH WOLL­TE EINE PERSPEKTIVE

Marko Ruttinghaus*, 28 Jahre, Betriebswirt, Personalreferent

Bis zur 8. Klas­se der Real­schu­le muss­te ich wenig für die Schu­le tun. Doch dann wur­de es anders. In der 9. Klas­se fiel ich mit einer 6 in Mathe und einer 6 in Phy­sik durch.
Wie das pas­sie­ren konn­te? Ich hat­te ein­fach zu viel mit den fal­schen Freun­den abge­han­gen und gar nichts mehr getan.

Um mir ein biss­chen Taschen­geld zu ver­die­nen, arbei­te ich neben der Schu­le in einem sozi­al durch­wach­se­nem Vier­tel an der Kas­se eines Super­mark­tes. Da sah ich dann auch, was aus Men­schen mit wenig Bil­dung wird. Und ich merk­te, dass ich das für mich nicht woll­te. Ich woll­te einen bes­se­ren Job, eine inter­es­san­te Auf­ga­be, mehr Geld und vor allem eine Perspektive.

Mir wur­de klar, dass ich was ändern muss.
Ich fing an, mich mit ande­ren Freun­den zu tref­fen und wie­der etwas für die Schu­le zu tun.
Mei­ne Mut­ter ver­mit­tel­te mir einen Nach­hil­fe­leh­rer für Mathe. Den muss­te ich aber selbst bezah­len. Die Nach­hil­fe kos­te­te 12€ die Stun­de. Im Super­markt ver­dien­te ich aber nur 7,50€ in der Stun­de. So viel Geld für Mathe aus­zu­ge­ben tat mir rich­tig weh. Um mei­ne Inves­ti­ti­on so gut wie mög­lich zu nut­zen, habe ich mich auf jede Stun­de gut vor­be­rei­tet. Und die­se Anstren­gung hat­te Erfolg.
Mei­ne mitt­le­re Rei­fe habe ich in Mathe und Phy­sik jeweils mit einer 3 bestan­den.
Ich woll­te wei­ter­kom­men, mach­te mein Fach­ab­itur und begann anschlie­ßend ein Stu­di­um der Betriebs­wirt­schaft, das ich mit einer sehr guten Mas­ter­prü­fung abge­schlos­sen habe. 

Heu­te habe ich einen Job, der mir Freu­de macht und von dem ich gut leben kann.
Eine mei­ner beruf­li­chen Auf­ga­ben ist es, Bewer­ber aus­zu­wäh­len.
Durch mei­ne eige­nen Erfah­run­gen weiß ich, war­um und durch wel­che Umstän­de schlech­te Schul­no­ten ent­ste­hen kön­nen. Des­we­gen fin­de ich Noten gar nicht so wich­tig. Viel wich­ti­ger ist mir, was ein Bewer­ber sonst noch gemacht hat, ob er Zie­le hat und eine Idee, wie er die­se errei­chen möchte.

 

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SELBST­VER­ANT­WOR­TUNG ALS AUSBILDUNGSZIEL

Annette Engehausen, Bayerischer Rundfunk, Leiterin Referat Ausbildung

Die gro­ße Mehr­zahl unse­rer Aus­zu­bil­den­den durch­läuft ihre Aus­bil­dung erfolg­reich und mit viel Freu­de. Aber natür­lich gibt es auch schwie­ri­ge Situa­tio­nen. Alle psy­chi­schen Auf­fäl­lig­kei­ten, die die Gesell­schaft zeigt, sind auch schon unter unse­ren Aus­zu­bil­den­den auf­ge­taucht: Sucht­ver­hal­ten, Ess­stö­run­gen, Depres­sio­nen, bis hin zum Sui­zid­ver­such…
Die Betreu­ung die­ser Aus­zu­bil­den­den ist für unse­re Aus­bil­der oft eine Grat­wan­de­rung. Für was sind sie ver­ant­wort­lich und wo soll­ten sie sich – auch im eige­nen Inter­es­se – abgren­zen. Wir wol­len die Jugend­li­chen in ihrer fach­li­chen und per­sön­li­chen Ent­wick­lung beglei­ten und stär­ken, ande­rer­seits haben wir in einer Aus­bil­dungs­si­tua­ti­on kei­nen the­ra­peu­ti­schen Auftrag.

Ein Aus­bil­der der sich per­sön­lich ver­ant­wort­lich für eine sui­zid­ge­fähr­de­te Aus­zu­bil­den­de fühlt und ver­sucht rund um die Uhr für sei­nen Schütz­ling erreich­bar zu sein, setzt sich enorm unter Druck und gefähr­det sich selbst. Hier ist es wich­tig Gren­zen zu set­zen. Des­halb haben wir im Team mit Unter­stüt­zung von Psy­cho­lo­gen einen pro­fes­sio­nel­len Umgang für psy­chi­sche Auf­fäl­lig­kei­ten bei unse­ren Aus­zu­bil­den­den ent­wi­ckelt:
In Ein­zel­ge­sprä­chen spre­chen wir die Aus­zu­bil­den­den direkt an, wenn uns ein bestimm­tes Ver­hal­ten auf­fäl­lig erscheint und ver­wei­sen sie gege­be­nen­falls an die Betrieb­li­che Sozi­al­be­ra­tung, die Betriebs­ärz­tin oder eine Psy­cho­lo­gi­sche Bera­tungs­stel­le wei­ter. Unse­re Wahr­neh­mung ist viel­leicht nicht immer rich­tig. Aber es geht uns dar­um, die Selbst­ver­ant­wor­tung der Aus­zu­bil­den­den zu stär­ken. Sie sind sel­ber für ihr Leben ver­ant­wort­lich und müs­sen ler­nen es in die Hand zu nehmen.

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