Ich habe Industriekauffrau gelernt, nach meiner Ausbildung einige Jahre in einer Steuerkanzlei gearbeitet und dann 1960 nach der Hochzeit mit meinem Mann mit ihm in der Bäckerei seiner Familie gearbeitet.
Unser Geschäft und die Wohnung waren im gleichen Haus. Im Laden hatten wir zwei Angestellte: eine Verkäuferin und eine Mädchen für Alles, das mittags auch für die ganze Belegschaft in der Backstube gekocht hat.
Die Kinder wurden 1962 und 1963 geboren und waren als „Mitläufer“ die ganze Zeit dabei, zunächst im Gang in einem Laufstall und später haben sie im Hinterzimmer gespielt.
Wir hatten ein paar sehr nette Kunden, die gesehen haben, dass es nicht immer einfach ist Geschäft und Kinder zu vereinbaren und ihre Hilfe angeboten haben. Zum Beispiel unsere Kinder auf dem Weg zu Kindergarten und Schule mitzunehmen oder sie mit nach Hause zu bringen.
Später hat mein Mann den Kindern nachmittags bei den Hausaufgaben geholfen, auch wenn er eigentlich hätte schlafen sollen.
Dann bekam mein Mann eine Getreide-Eiweiß-Allergie und wir mussten die Bäckerei 1972 schließen. Er machte Reha und eine Umschulung zum Industriekaufmann, ich fand eine neue Arbeit in der Kalkulation eines Juweliergeschäftes. Dort bin ich 20 Jahre bis zu meiner Rente geblieben.
Unsere Kinder waren zu dem Zeitpunkt schon beide auf weiterführenden Schulen. Ich habe abends vorgekocht und wenn die Kinder zwischen 13 und 14 Uhr aus der Schule kamen, haben sie sich das Essen aufgewärmt. Sie haben ihre Hausaufgaben gemacht, waren nachmittags beim Sport und in der Kirchengemeinde aktiv. Mein Mann und ich kamen erst abends nach Hause und haben uns dann um das gekümmert, was bei ihnen noch anstand.
Wir haben mit unseren Kindern alle freie Zeit verbracht, die wir hatten. Bestimmt haben wir unseren Kindern viel abverlangt. Dafür sind sie sehr selbstständig geworden und haben jetzt jeder eine eigene intakte Familie.
Meinem Chef bin ich heute noch dankbar. Er wusste ja, dass ich Kinder habe und hat mir angeboten nach meinen zeitlichen Möglichkeiten zu arbeiten. Wenn mit den Kindern irgendetwas war, konnte ich später kommen, früher gehen oder mir die Arbeit mit nach Hause nehmen.
Als er und seine Frau, die auch im Geschäft gearbeitet hat, dann selber ein Kind bekamen, hat er mich gefragt: „Frau Havelmann, wie haben Sie das nur geschafft?“
*Name geändert