Seit zwei Jahren stehe ich das erste Mal wieder auf den Skiern. Angefangen habe ich erst vor acht Jahren und bestimmt bin ich insgesamt noch keine 30 Stunden Skigefahren. Ich will das machen. Doch als ich unten am Hang stehe, spüre ich plötzlich nichts als nackte Angst. Schlepplift fahren auf den Anfängerberg, den ich vor zwei Jahren mit Spaß runter gefahren bin? Nicht dran zu denken. Ich bin völlig blockiert.
Und jetzt? Heulkrampf oder Skilehrer. Ich entscheide mich für letzteres.
Der Skilehrer bestärkt und ermutigt mich. Ich traue mich in seiner Gesellschaft den Anfängerberg zu fahren, aber es ist kein Vergleich zu dem, was ich mal konnte. Er erkennt ziemlich treffsicher das Problem. “Irgendwas blockiert Dich!“
Ich weiß auch nicht was los ist. Ich kann mir hier die Träume meiner Kindheit erfüllen und jetzt fühlt sich das gar nicht gut an? Was soll das also?
Immerhin bleibe ich dran und es gelingt mir den kleinen Berg drei Mal allein zu fahren.
Am nächsten Tag geht es mit dem Skilehrer auf eine richtige Piste. Vom Sessellift aus sehe ich den Abhang, den es nach unten gehen soll. Grauenhaft. Aber gut. Ich will das ja.
Was dann folgt ist die absolute Grenzerfahrung. Ich hänge in diesem Berg fest und traue mich nicht. Der Skilehrer gibt mir den Rat den Kopf auszuschalten – wie beim Sex: „Sei blond!“
Ich bin nicht blond. Das ist so tief! Und so steil! Er ruft mir wie wild Dinge zu, die ich tun soll. Ich verstehe ihn nicht. Es ist existenziell. Ich falle zweimal, komme nicht alleine hoch, der Skilehrer richtet mich auf. Vor der nächsten Drehung bleibe ich wieder aus Angst stehen. Ich traue mich einfach nicht. Er schreit mir zu, dass ich ihn anschauen soll und das tue ich dann. Seine Augen ziehen mich über den Berg. Irgendwann stoppe ich wieder. Ich will nicht. Ich kann die Skier nicht drehen. Es reißt mich bestimmt den Berg runter.
Der Skilehrer zeigt mir, dass ich bremsen kann und sicher stehen. Ich muss da runter. Es gibt keine Alternative.
Und dann konzentriere ich mich auf das was ist und was geht: Hang queren, Talski belasten, leicht nach oben fahren und bei langsamen Tempo in den Pflug und drehen, dabei das Gewicht auf das andere Bein verlagern, bei der Parallelfahrt mit den Augen die andere Seite fixieren – oder eben die Augen des Skilehrers. Und ganz wichtig: NICHT DENKEN! Dann ist es geschafft. Ich bin wieder unten.
Und das Bekloppte ist, ich will das unbedingt noch mal machen.
*Name geändert