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SEI BLOND!” – TEIL 1

Louisa-Starckman-Zintobel*, 39 Jahre, verheiratet, zwei Kinder

Seit zwei Jah­ren ste­he ich das ers­te Mal wie­der auf den Ski­ern. Ange­fan­gen habe ich erst vor acht Jah­ren und bestimmt bin ich ins­ge­samt noch kei­ne 30 Stun­den Ski­ge­fah­ren. Ich will das machen. Doch als ich unten am Hang ste­he, spü­re ich plötz­lich nichts als nack­te Angst. Schlepp­lift fah­ren auf den Anfän­ger­berg, den ich vor zwei Jah­ren mit Spaß run­ter gefah­ren bin? Nicht dran zu den­ken. Ich bin völ­lig blo­ckiert.
Und jetzt? Heul­krampf oder Ski­leh­rer. Ich ent­schei­de mich für letzteres.

Der Ski­leh­rer bestärkt und ermu­tigt mich. Ich traue mich in sei­ner Gesell­schaft den Anfän­ger­berg zu fah­ren, aber es ist kein Ver­gleich zu dem, was ich mal konn­te. Er erkennt ziem­lich treff­si­cher das Pro­blem. “Irgend­was blo­ckiert Dich!“
Ich weiß auch nicht was los ist. Ich kann mir hier die Träu­me mei­ner Kind­heit erfül­len und jetzt fühlt sich das gar nicht gut an? Was soll das also?
Immer­hin blei­be ich dran und es gelingt mir den klei­nen Berg drei Mal allein zu fahren.

Am nächs­ten Tag geht es mit dem Ski­leh­rer auf eine rich­ti­ge Pis­te. Vom Ses­sel­lift aus sehe ich den Abhang, den es nach unten gehen soll. Grau­en­haft. Aber gut. Ich will das ja.
Was dann folgt ist die abso­lu­te Grenz­erfah­rung. Ich hän­ge in die­sem Berg fest und traue mich nicht. Der Ski­leh­rer gibt mir den Rat den Kopf aus­zu­schal­ten – wie beim Sex: „Sei blond!“

Ich bin nicht blond. Das ist so tief! Und so steil! Er ruft mir wie wild Din­ge zu, die ich tun soll. Ich ver­ste­he ihn nicht. Es ist exis­ten­zi­ell. Ich fal­le zwei­mal, kom­me nicht allei­ne hoch, der Ski­leh­rer rich­tet mich auf. Vor der nächs­ten Dre­hung blei­be ich wie­der aus Angst ste­hen. Ich traue mich ein­fach nicht. Er schreit mir zu, dass ich ihn anschau­en soll und das tue ich dann. Sei­ne Augen zie­hen mich über den Berg. Irgend­wann stop­pe ich wie­der. Ich will nicht. Ich kann die Ski­er nicht dre­hen. Es reißt mich bestimmt den Berg run­ter.
Der Ski­leh­rer zeigt mir, dass ich brem­sen kann und sicher ste­hen. Ich muss da run­ter. Es gibt kei­ne Alternative.

Und dann kon­zen­trie­re ich mich auf das was ist und was geht: Hang que­ren, Tal­ski belas­ten, leicht nach oben fah­ren und bei lang­sa­men Tem­po in den Pflug und dre­hen, dabei das Gewicht auf das ande­re Bein ver­la­gern, bei der Par­al­lel­fahrt mit den Augen die ande­re Sei­te fixie­ren – oder eben die Augen des Ski­leh­rers. Und ganz wich­tig: NICHT DEN­KEN! Dann ist es geschafft. Ich bin wie­der unten.

Und das Beklopp­te ist, ich will das unbe­dingt noch mal machen.

*Name geän­dert

 

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