Ich arbeite in einer Unternehmensberatung. Mein Chef und meine Kollegen sind alle zwischen 25 und 40 Jahren alt. In meinen Beratungsprojekten mit meinen Kunden komme ich gut zurecht. Nur mit meinem Chef und meinem Team bin ich persönlich nicht ganz auf einer Wellenlänge.
Unser Chef hat mich jetzt wiederholt auf Facebook als Kontakt eingeladen. Er möchte, dass wir alle gegenseitig unsere Profile freigeben. Für ihn ist das ein Zeichen der Offenheit und des modernen Umgangs miteinander. Das sehe ich anders.
Ich will weder ihm und seiner Frau beim Segeln oder Cocktail-Trinken in der Hafenbar zusehen noch möchte ich meine Kollegen beim Gipfelstürmen oder Mountainbiken am Wochenende bewundern. Und schon gar nicht will ich, dass er die Fotos meiner Nichten und Neffen sieht, mit denen ich meine Zeit verbringe. Das ist mein Privatleben. Und das teile ich nicht mit jedem.
Weil mir sein ständiges Drängeln auf die Nerven geht und er auch schon angedeutet hat, dass er meine Weigerung unkooperativ findet, habe ich mir jetzt einen Fake-Account zugelegt.
Ich benutze zwar meinen Namen, aber leicht abgewandelt und stelle hier nur Inhalte ein, die zwar „privat“ aussehen, es aber nicht wirklich sind. Meinen privaten Account für Freunde und Familie führe ich davon getrennt.
Diese Art des virtuellen Doppellebens ist sicherlich nicht die beste Lösung, das weiß ich. Aber ich möchte auf der Arbeit meine Ruhe haben. Und mein Chef ist jetzt zufrieden.
*Name geändert