Ich bin auf einem Bauernhof großgeworden, habe als einziges von fünf Kindern studiert und die bäuerliche Welt meiner Kindheit verlassen.
Das Leben bis zu meinem fünfzehnten Lebensjahr habe ich als sehr rhythmisiert und begrenzt erlebt. Die Arbeit und der Hof standen immer im Vordergrund. Alle vier Jahre sind wir zur Landwirtschaftsausstellung nach München gefahren – das war unser München-Ausflug. Kein Museum, keine Reisen und wenig Hobbys. Ich hätte gerne Klavier gespielt, aber das wurde nicht gefördert.
Mit meiner Ausbildung zur Köchin habe ich diese Welt verlassen, habe Auszeichnungen erlangt, bin auf Wanderschaft gegangen und habe in großen Häusern gearbeitet. Schließlich habe ich mein Abitur nachgemacht, Ernährungswissenschaften studiert und eine Ausbildung zur systemischen Familientherapeutin gemacht. Seit 15 Jahren bin ich selbständig.
In meiner Familie bin ich ein Exot. Ihre Welt und Auffassung vom Leben konnte ich lange nicht nachvollziehen und auch nicht so recht wertschätzen. Ich habe diese Welt verurteilt.
Heute weiß ich, dass meine bäuerliche Herkunft und Prägung zu mir gehören und Teil meiner Persönlichkeit sind – und mir in der Vergangenheit auch viele gute Dienste geleistet haben.
Ich habe ein gutes Gespür für mich, ich kann für mich und andere sorgen, ich arbeite gerne und ich habe einen gesunden Pragmatismus. Schon immer.
Dazu ein Beispiel: Mit siebzehn Jahren hatte ich meine Ausbildung zur Köchin als Deutsche Meisterin abgeschlossen und mich bei einem renommierten und bekannten Koch beworben. Er empfing er mich mit Champagner und Kaviar und gab mir seine Zusage. Als ich am Ende des Gespräches fragte, wie es denn mit der Bezahlung aussähe, meinte er nur „Nein. Eine Frau bezahle ich nicht. Es ist eine Ehre, dass Sie für mich arbeiten dürfen!“
Natürlich war ich von seinem Erfolg und seiner Persönlichkeit beeindruckt, aber es gab schon damals diesen ganz pragmatischen Teil vor mir, der wusste, man muss leben, Essen und Miete bezahlten. Auf so etwas habe ich mich nicht eingelassen. Den Wert von Arbeit weiß ich zu schätzen. Und meine Herkunft inzwischen auch.