Ich bin in Niederbayern aufgewachsen und meine Schulzeit hat mich nicht unbedingt dazu befähigt, Grenzen zu überwinden. Bis zu dieser zweiwöchigen Studienfahrt mit dem Deutsch Leistungskurs nach Weimar nach der Wende. Nach dem Abitur habe ich dann genau dort an der Bauhaus Universität einen Studienplatz bekommen.
Auch wenn es letzten Endes eine Numerus Clausus bedingte Entscheidung war, in den Osten zu gehen, hätte ich es nicht besser treffen können. Ich habe die Aufbauatmosphäre in Weimar sehr genossen.
Zu Beginn waren etwa 30 % der Studierenden Wessis. Der Lebensstandard in den Studentenwohnheimen oder Wohnungen war sehr niedrig – einige meiner Besucher aus Westdeutschland hat das verstört. Mich nicht. Wir hatten wunderbare Studienbedingungen. 20–30 Studenten wurden von zwei bis drei Assistenten fest betreut. Es war Zeit und Raum für ernsthafte und kritische Auseinandersetzung mit Architektur. Unsere Professoren waren jung und motiviert, kamen bunt gemischt aus Ost und West. Der Universalgeniemythos “Goethe” zog an.
Der Schritt von Niederbayern nach Weimar hat es mir in der Folge auch ermöglicht, für ein Studienjahr in die USA nach Ohio zu gehen. Dort habe ich eine ganz andere Art der Architektur-Lehre erfahren können. In Weimar das planvoll und strukturierte Entwerfen unter festen Vorgaben, das nichts dem Zufall oder Emotionen überließ und in Ohio das freie Entwerfen bei dem es um die gestalterische Form ging – beides verbinde ich heute als Architekt.
Der Weg über die ehemalige Grenze nach Weimar war aus einem weiteren Grund für mich wichtig. Ich habe im Studium meine Frau kennengelernt und später wurde dort unser Sohn geboren.
Mich treiben auch gut 20 Jahre nach meinem Studium immer noch drei Motive an:
1. Ich lerne nicht aus.
2. Es gibt Dinge über dem Tellerrand…
3. … und die möchte ich sehen.