Meine Tochter ist 23 und längst zu Hause ausgezogen. Wir sehen uns regelmäßig und das genießen wir beide sehr. Irgendwann ist mir aufgefallen, dass sie spätestens 30 Minuten, nachdem wir uns getroffen haben sagt: „Mama, ich habe Hunger!“
Ich habe dann angefangen, schon vor der Verabredung zu überlegen wie und wo sie etwas zu essen bekommen kann, wenn sie wieder Hunger bekommt.
Es hat sich aber nicht gut angefühlt irgendwie „unstimmig“ und es hat mich mehr und mehr wütend gemacht. In einer Supervision bin ich dann der Frage nachgegangen, warum dieses „Mama, ich habe Hunger!“ mich so aufwühlt: Ich fühle mich in frühere Zeiten zurückversetzt mit meinen mütterlichen Versorgungsauftrag, der Tupperdose und den Apfelschnitzen. Das passt heute nicht mehr zu unserem Verhältnis. Das will ich nicht mehr. Meine Tochter ist 23 und kann doch selber dafür sorgen, dass sie satt ist.
Ich habe meiner Tochter schließlich gesagt, was dieser Satz bei mir auslöst. Meine Ehrlichkeit hat sie sehr berührt und wir konnten gut darüber reden und gemeinsam hin spüren, was da wohl dahintersteckt, sowohl bei ihr als auch bei mir. Es war ein sehr inniges Gespräch.
Natürlich hat sie heute auch noch manchmal Hunger, wenn wir uns treffen. Sie kommt oft direkt von der Uni. Aber jetzt machen wir das anders. Wir verabreden uns zum Beispiel ganz gezielt zum Essen gehen. Wir können auch gut darüber lachen, wenn ich sie kurz nach der Begrüßung frage, „Wie? Du hast keinen Hunger? Bist Du krank?“
*Name geändert