GRENZEN SPÜREN

ICH KOM­ME AUS DEM HAMS­TER­RAD NICHT RAUS

Thorsten Lindner*, 48 Jahre, verheiratet, Unternehmensberater, 2 Kinder

Wenn ich über Gren­zen nach­den­ke, den­ke ich zwangs­läu­fig über Schei­tern nach, weil damit eine Gren­ze mar­kiert ist.
Letz­tes Jahr war es bei mir bei­na­he soweit. Anfang des Jah­res kam das Finanz­amt mit einer sehr hohen For­de­rung auf mich zu. Die Sum­me an sich war gar nicht das Pro­blem, wohl aber der Ter­min zu dem ich die Zah­lung zu leis­ten hat­te.
Mei­ne Kun­den zah­len in der Regel alle, jedoch zum Teil mit sehr lan­gen Zah­lungs­zie­len von bis zu zwei Mona­ten. Genau das war das Pro­blem. Es war abseh­bar, dass ich das Geld zum genann­ten Ter­min nicht haben wür­de.
Alles Reden und Ver­han­deln half nichts. Ich konn­te mit dem für mich zustän­di­gen Finanz­be­am­ten kein ande­res Zah­lungs­ziel ver­ein­ba­ren. Wir waren kurz davor zah­lungs­un­fä­hig zu wer­den – mein Unter­neh­men und mei­ne Fami­lie stan­den kurz vor der Insol­venz, kurz vorm Schei­tern. 
Ich habe dann gear­bei­tet wie ein Beses­se­ner und somit das Ruder gera­de noch­mal rum­ge­ris­sen. Die Zah­lung konn­te ich dann gera­de so zum ver­ein­bar­ten Zeit­punkt leis­ten.
Aber ich war unglaub­lich wütend und auch hilf­los, dass unser Finanz­sys­tem so etwas zulas­sen wür­de.
Jetzt läuft wie­der alles eini­ger­ma­ßen, aber ich bin immer noch am Ackern und Rödeln und neh­me nahe­zu alles an, was kommt. Urlaub habe ich die­ses Jahr auch kei­nen rich­ti­gen gehabt. Und das mer­ke ich. Ich brau­che immer län­ger, bis ich mich rege­ne­rie­ren kann. Mit nur mal Aus­schla­fen ist es da nicht getan. Ich bin erschöpft.
Jetzt habe ich vor zwei Wochen wie­der eine Benach­rich­ti­gung bekom­men, dass ich Nach­zah­lun­gen leis­ten muss. Das hört ein­fach nicht auf. Ich kom­me aus die­sem Hams­ter­rad nicht her­aus.
Manch­mal hät­te ich gute Lust alles hinzuwerfen.

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